Mit nun mehr 17 Jahren hat die Modellreihe „Multistrada“ bei Ducati echte Tradition. Der neueste Ableger dieser Reiseenduro Familie macht grundsätzlich und eigentlich: alles neu. Das Prinzip bleibt unverändert sexy und wird selbst die stillsten Adventure Goretexler im Genick treffen wie der Anschlussdorn für den Matrix-Einstieg: sportlicher, leistungsstarker Motor mit enger Racingverwandtschaft, aufrechte Sitzhaltung mit üppig ausreichendem Komfort, riesiger Modushaufen im Bordrechner und eine Spitzenleistungszahl im Zulassungsschein, dass die Vogerln auf den Passhöhen Südtirols vorübergehend das Singen einstellen.
Allgemein |
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Hersteller | Ducati |
Modell | Multistrada V4 2021 |
Motorrad Art | Adventure Bike |
Führerschein | A |
Baujahr | 2021 |
Motor |
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Motortyp | V4 Granturismo, V4 - 90°, 4 Ventile pro Zylinder, Gegen-Rotierende Kurbelwelle, Zwei-Impuls Zündungsreihenfolge, Flüssigkeitsgekühlt |
Zylinder | 4 |
CCM | 1158 CCM |
Leistung | 170 PS |
Leistung | 125 KW |
Drehmoment | 125 Nm bei 8750/min NM |
Bohrung | 83 MM |
Hub | 53,5 MM |
Verdichtung | 14:1 |
Kraftstoffmischung | Benzin-Direkteinspritzung |
Abgasnorm | Euro 5 |
Weitere Details anzeigen | |
Kraftstoffverbrauch | 6,5 L |
Höchstgeschwindigkeit | 200++ KM/H |
Getriebe | Manuell |
Kupplung | Mehrscheiben-Ölbadkupplung mit hydraulischer Betätigung und Servo-Unterstützung |
Endantrieb | Kette |
Standgeräusch | 92 dB(A) |
ABS | Kurven-ABS |
Bremse Vorne | 2 x Ø320 mm halbschwimmende Bremsscheiben; radial montierte Brembo Monoblock, 4-Kolben-Bremszangen |
Bremse Hinten | 1 x Ø265 mm Bremsscheibe, 2-Kolben Brembo-Bremssattel |
Elektronisches Fahrwerk | Nein |
Fahrwerk vorne | Ø50 mm voll Justierbare USD-Gabel |
Federweg vorne | 170 MM |
Fahrwerk hinten | Voll Justierbares-Monofederbein, Aluminium-Zweiarmschwinge |
Federweg hinten | 180 MM |
Rahmenbauart | Aluminium-Monocoquerahmen |
Nachlauf (mm) | 102,5 |
Gewicht | 240 KG |
Lenkkopfwinkel ( ° ) | 24,5 |
Radstand (mm) | 1567 |
Tank | 22 L |
Sitzhöhe | 840 - 860 MM |
Sozius | Ja |
Lenkkopfwinkel | 24,5 ° |
Radstand | 1567 MM |
Reifendimensionen Vorne | 120/70 - 19" |
Reifendimensionen Hinten | 170/60 - 17" |
Felgen | 3" x 19" / 4,5" x 17" |
Abmessungen | L 2270 / B 990 / H 1520 MM |
Tankanzeige | Füllstandsanzeige |
Ganganzeige | Ja |
Temperaturanzeige | Ja |
Drehzahlmesser | Digital |
Traktionskontrolle | Ja |
Slidecontrol | Nein |
Anti-Wheelie-Control | Ja |
Lenkungsdämpfer | Nein |
Quickshifter | Nein |
Ersteller | Lukas Frohms |
Neupreis AT (€) | 21.695 € |
Neupreis DE (€) | 17.545 € |
Neupreis CH (CHF) | 23.266 CHF |
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Neue Tuning-Story schreibenDie Hiobsbotschaft direkt zu Beginn für alle eingefärbten Ducatisti: Die V4 hat keine desmodromische Motosteuerung mehr. Stattdessen wird nach fast 4 Jahrzehnten wieder auf Ventilfedern gesetzt. Die Entwickler argumentieren mit einem 60.000 km Ventil-Serviceintervall und dadurch reduzierte Servicekosten. Geringere Unterhaltskosten finden wir immer gut. Ob die Ingenieure bei Ducati absichtlich mit Blick auf die Kaffeekassa Downsizing betrieben haben, wissen wir nicht. Ist aber anzunehmen (siehe Kasten: „Warum muss Desmo weg?“). Ausufernde Aufpreis-Paketpolitik wie im Luxuslimousinenbusiness und Einsparung der ikonenhaften Desmodromik sprechen eine klare Sprache.
Der neue V4 Motor mit 90 Grad Zylinderwinkel hat an Hubraum gegenüber der Vorgängerin eingebüßt, wie seit Wochen von jedem Baum heruntergekräht wird. Aber wenn wir jetzt die heiligen Kühe wie Desmo und V2 weglassen, ist die trockene technische Basisentscheidung der Ducatisti, ein paar alte Religionsbücher der Ducati-Technik wegzuschmeißen, schlüssig und perfekt.
Auf die 1285ccm der letzten V2 Edition fehlen dem neuen MotoGP verwandten V4 Motor nämlich nur 127 ccm. Ein gutes 125erl, also bitte! Statt dessen setzt es breitbandige kultivierte Geschmeidigkeit, geringeres Gewicht, endlose Drehzahlreserven, kürzere und tiefere Einbaulage und einfachere Voraussetzungen, um Abgase und Verbrauch niedrig zu halten. Außerdem einsame Spitzenleistung, die diese Motorkonstruktion mechanisch aber eigentlich komplett locker und unterfordert wegsteckt. Aus den „nur“ 1158 ccm entwickeln sich anständige 170 PS bei 10.500 U/min. In dieser Drehzahlebene, in der die Enduro aufhört, wachen die V4 Superbike-Ducatis eigentlich erst auf. Drehmoment für die neue Multi von 125 Nm bei 8750 U/min - ja sicher, das Spitzendrehmoment braucht im V4 einen höheren Drehzahlgipfel als im V2.
Aber nicht vergessen, Kollegen: Brustschwach kann ein 1200er Vierzylinder auch von unten raus nie sein. Oben sowieso nicht. Gefordert und ausgedreht geht das barabarisch. Aber auch zwischen zivilen stadttauglichen 3.500 und 6.000 Umdrehungen bläst sich das Leistungsband der V4 zum Beispiel blitzschnell wie ein Airbag von 50 auf über 110PS auf. Und zwar sehr locker, fast distinguiert.
Nach unseren Erfahrungen aus dem Streetfighter-Test ist natürlich nicht der klassische Sofort-Punch der riesigen Kolben aus dem alten 1299er V2 da, wenn die ovalen Drosselklappen in tiefen Drehzahlen auch nur kurz gezuckt haben. Aber das alte V2 Poltern aus dem Museum kann einem ja auch irgendwann auf den Hammer gehen, wenn dieser MotoGP V4 linear, souverän und unaufhaltsam den Zeitraffer in der vorbeigerissenen Landschaft dazu schaltet. Was für ein Motor!
Die zwei zusätzlichen Zylinder verleihen der Multistrada V4 den ersten Platz in Sachen Leistung unter den Reiseenduros. Der adaptierte Superbike Motor kann von 2500 bis 4000 Umdrehungen entspannt bewegt werden, und ab dann nimmst du das Messer zwischen die Zähne und die Zeichen stehen sowas von auf Angriff, dass sich die effiziente leistungsbetonte Fahrerei in den oberen Drehzahlen ein bissl wie ein Qualifying anfühlt, das fast alle straßenzugelassenen Sportbikes verlieren könnten. Wir plädieren so oder so für eine Gesetzesanpassung, denn ein Dauer-Reisespeed von 200km/h sind mit der Multi selbstverständlich und wirken entspannt. Für eine alte Hyosung sind 200 Sachen eine andere Disziplin als für diesen Raumgleiter. Wann passt der Gesetzgeber endlich die Limits der neuen Technik an? Selbstredend sind die 260km/h Topspeed im Handumdrehen erreicht, auch mit den Seitenkoffern montiert. Die Tirolgrenze von 95 db hält die V4 übrigens bei jeder Kontrolle der Alarmeinheiten locker ein.
Vier magische Worte: Brembo M50 Stylema Monoblocks. Unfassbar, welchen fahrdynamischen Einfluss die haben. Klar auf einer Supersportler sind Brembos obligatorisch, doch eine 1200er Adventure wiegt mit voller gut ernährter Besetzung, Urlaubsgepäck und Campinggeschirr schon mal so viel wie zwei Panigales. In Kombination mit der Brembo Bremspumpe ist feines dosieren und spätes Anker werfen möglich. Eine geniale Ingenieursleistung ist, wie mild und weich die Superbike-Stopper bei der ganzen Racing-Performance modulieren, dass man sich vor Schotterkehren im Gebirge nicht bei jeder Berührung des Bremshebels ausbreitet. Bei der Presse-Probefahrten hat es auch auf engeren Asphaltpfaden geknistert, als wär der Dovizioso hinter uns her. Aber eine smoothe lockere Linienwahl blieb im Winkelwerk möglich. Die Italiener führten uns zu einer bekannten Hill Climb Strecke mit einer Kehre nach der anderen. Eindrucksvoll zeigte sich die Multi mit niedrigem Schwerpunkt und dem auch das Handling beeinflussenden Skyhook Fahrwerk (elektronische semi-aktive Marzocchi Ducati Suspension mit Autoleveling-Funktion, 170 mm Federweg vorne und 180 mm hinten). Die Fahrsicherheit und die Vermittelte intuitive Kontrolle sind eine Macht. In jeder Kurve hast du ohne Eingewöhnung die Raste am Asphalt. Bei ernsten Schräglagen. Das elektronische Fahrwerk regelt in Millisekunden, erleichtert handliche Kurveneingänge und stabilisiert Scheitel und Ausgang, ohne dass wir den Eingriff spüren. Natürlich alles nur so gut wie der Algorithmus. Ducati entwickelte diesen selbst seit einigen Jahren und hat da ungeheure Erfahrung. Optimale Anpassung und mehr als ein großer Fortschritt verglichen mit früheren Entwicklungsstufen. Spürbar.
Bei dem Thema Elektronik kam es wohl zu einem Missverständnis bei den Damen und Herren aus Bologna. Auf die obligatorische Frage, welche Elektronik-Features verbaut werden sollten, haben die Verantwortlichen wohl nur mit einem kurzen, aber bestimmten „Si“ geantwortet. Und damit haben wir nun absolut ALLES drinnen, was es an elektronischer Hard- und Software am Motorradsektor im Moment gibt. Freilich ist nicht alles von Serie aus dabei. Naja eigentlich das meiste doch. Muss aber elektronisch freigeschaltet werden, sobald der Aufpreis überwiesen ist. Dieser Vertriebsschmäh aus der Autoindustrie ist wohl mittlerweile auch bei uns in der Zweiradindustrie Standard. Mehr News: Der wegweisende Einsatz von Radartechnologie um den Fahrkomfort und die Fahrsicherheit zu steigern, faszinierte allerseits bereits im Vorfeld. Bei der Integration von Smartphone, App und Cockpitdisplay sind wir erstaunt, dass Ducati es ermöglicht Kartenmaterial und somit Navigation am volldigitalen 6,5“ Tacho anzuzeigen.
Der erste Kennenlern-Tag mit den drei neuen Multistrada Modellen, V4, V4S und V4S Sport, hat jedenfalls eines bestätigt: Eine Multistrada auf den Südtiroler Pässen ist ein fixer Termin für die Saison 2021. Vom verstellbaren Windschild bis zum Hitze Management hat Ducati keine Schraube ausgelassen und ein beeindruckendes Konzept auf die Räder gestellt. Das eingebaute Radar ist nett, aber die Überraschung schlechthin sind die Bremsen und das sich nahezu perfekt selbst abstimmende Fahrwerk.
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